DAK im Dialog: „Das Liken darf nicht zum Leiden werden“ - Veranstaltung der DAK-Gesundheit Landesvertretung Sachsen



Rahmendaten:
- Datum: Mittwoch, 12. Juni 2019
- Ort: Penck Hotel Dresden, Ostra-Allee 33, Dresden
- Veranstalter: DAK Sachsen

Impulsgeber und Diskutanten:
  • Regina Kraushaar, Staatssekretärin im Sächsischen Staatsministerium
    für Soziales und Verbraucherschutz
  • Björn Schreiber, Senior Manager Media Literacy Education Freiwillige Selbst-kontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V.
  • Prof. Dr. med. Veit Rößner, Direktor Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsy-chiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden
  • Dirk Röhrborn, Geschäftsführer Communardo Software GmbH und Mitglied des Präsidiums und Landessprecher Sachsen des Bitkom e.V.
  • Petra Fürstenberg, Diplom-Psychologin, Suchtberaterin der GESOP gGmbH
  • Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit
  • Moderation: Eileen Mägel

Eingangsstatements:

Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit:
Das Internet und die fortschreitende Digitalisierung haben die Art der Vernetzung mit anderen Menschen revolutioniert: Vor allem Kinder und Jugendliche kommunizieren heute vorwiegend in Echtzeit über WhatsApp oder Snapchat. Fotos werden nicht mehr gemeinsam angeschaut, sondern bei Instagram oder Facebook gepostet.

Soziale Medien sind wichtige Kommunikationskanäle; vor allem für Kinder und Jugendli-che. Doch was geschieht, wenn sich das soziale Leben überwiegend ins Virtuelle ver-schiebt? Wenn Freunde im Netz einen höheren Stellenwert bekommen als die im analogen Leben? Wenn Schlaf, Beziehungen und Stimmung unter der Beschäftigung mit sozialen Medien leiden? Viele Kinder und Jugendliche chatten, posten und liken von früh bis in die spät in die Nacht. Einige rutschen sogar in die Abhängigkeit. Darauf müsse die Ge-sellschaft reagieren, damit die Betroffenen und ihre Familien Hilfe bekommen. “Das Liken darf nicht zum Leiden werden. Da wir unsere Versicherten ein Leben lang begleiten, setzen wir mit unserer Forschung früh an. Wir wollen die Risiken erkennen, benennen und Hilfe anbieten“, so der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit in seinem Statement.


DAK als Vorreiter bei Studien u.ä. zur Social Media-Nutzung und zum -Missbrauch:
Schon frühzeitig hat die DAK die Themen Internetsucht, Gaming und Social-Media-Sucht untersucht bzw. untersuchen lassen. 2015 wurde die Studie „Internetsucht im Kinderzimmer“ vorgestellt; Ende 2016 folgte der Report „Game over: Wie abhängig machen Computerspiele?“. Dabei ist der DAK wichtig, das Themenfeld ins öffentliche und politische Bewusstsein zu bringen, damit die Relevanz erkannt wird und Betroffene Hilfe bekommen. Deshalb begrüßt die DAK den Vorstoß der WHO, die die Sucht nach Videospielen in ihren Katalog psychischer Krankheiten aufnehmen will.

Mit der aktuellen Studie „WhatsApp, Instagram und Co. – so süchtig macht Social Media“ (September 2017) und konkreten Beratungsangeboten hat die DAK-Gesundheit gemeinsam mit den Suchtexperten um Prof. Dr. Rainer Thomasius vom Universitätsklini-kum Hamburg-Eppendorf (UKE) eine erste Orientierung und Unterstützung bei der Prä-vention sowie bei bereits bestehenden Problemen gegeben. Diese Analyse war die erste repräsentative Studie, die das Suchtrisiko von Social Media in Deutschland untersucht.

Mit dieser Studie „WhatsApp, Instagram und Co. – so süchtig macht Social Media“ deckt die DAK einen weiteren Themenbereich mit einer umfassenden Befragung von 12- bis 17-Jährigen durch das Forsa-Institut ab. Die Ergebnisse sind alarmierend: Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen ist sieben Tage die Woche in sozialen Medien unterwegs. 2,6 Prozent der Befragten gelten als süchtig nach Social-Media. Auf das Bundesgebiet hochgerechnet entspricht das rund 100.000 Betroffenen.

In der Studie „WhatsApp, Instagram und Co“ antworteten die Befragten auf die Fragen wie folgt:
  • 34 % haben oft soziale Medien genutzt, um nicht an unangenehme Dinge denken zu müssen
  • 13 % konnten die Nutzung sozialer Medien nicht stoppen, obwohl andere ihnen sagten, dass sie dies wirklich tun müssten
  • 13 % fühlten sich oft unglücklich, wenn sie keine sozialen Medien nutzen konnten
  • 10 % gaben an, sie hätten im vergangenen Jahr regelmäßig an nichts anderes den-ken können als an den Moment, an dem sie wieder soziale Medien nutzen können
  • 9 % haben sich regelmäßig unzufrieden gefühlt, weil sie eigentlich mehr Zeit für soziale Medien aufwenden wollten
  • 6 % gaben an, dass es regelmäßig Streit mit anderen durch die Nutzung sozialer Medien gab

Die DAK als Krankenkasse, v.a. auch für Familien, reagiert schon heute mit konkreten Hilfsangeboten und zielgerichteter Prävention:
mehr Bewegung, ausgewogene Ernährung, stressfreie, positive Lernatmosphäre und die Schaffung einer gesunden Lebenswelt Schule – die vier großen Ziele der bundes- weiten Präventionsinitiative fit4future Cleven-Stiftung, powered by DAK-Gesundheit.
Das wissenschaftlich evaluierte, ganzheitliche Programm setzt sich zum Ziel, die Lebensgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 19 Jahren nachhaltig positiv zu beeinflussen – in zwei eigenständigen Projekten:
Seit 2016 können Kinder von Grund- und Förderschulen teilnehmen, ab dem Schuljahr 2019/20 startet die Initiative auch für 15- bis 19-Jährige.

Im Anschluss sprach Björn Schreiber, Senior Manager Media Literacy Education Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM), zum Thema: Jung, engagiert, ver-netzt: Jugendliche in der digitalisierten Netzwerkgesellschaft“. Anhand der Evolution des Web, siehe anschaulich: http://www.evolutionoftheweb.com/ zeigte er die die rasante und komplexe Dynamik des World Wide Web, von Browsern und Technologien etc.


Dabei zitierte er insbesondere Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, mit seinem Konzept „Digitalisierung als Kulturtechnik“ und verwies auf dessen neuestes Buch: Die große Gereiztheit: Wege aus der kollektiven Erregung“, 2018: „...die vernetzte Welt existiert längst in einer Stimmung der Nervosität und Gereiztheit…Pörksen analysiert die Erregungsmuster des digitalen Zeitalters und beschreibt das große Geschäft mit der Desinformation. Er führt vor, wie sich unsere Idee von Wahrheit, die Dynamik von Enthüllungen und der Charakter von Debatten verändern.“

Ebenfalls in diesen Kontext stellte Björn Schreiber den Kulturwissenschaftler Benjamin Jörissen, Professor für Pädagogik, Schwerpunkte Kultur, ästhetische Bildung und Erziehung, Universität Erlangen-Nürnberg, mit seiner Theorie der „Digitalen Kulturtechniken in einer mediatisierten Netzwerkgesellschaft“, s. „Digitale Medien und digitale Netzwerke: Herausforderungen für die Kulturelle Kinder- und Jugendbildung“: https://joerissen.name/wp-content/uploads/2008/06/Jo%CC%88rissen-Benjamin-2015-Preprint.-Digitale-Medien-und-digitale-Netzwerke-Herausforderungen-fu%CC%88r-die-Kulturelle-Kinder-und.pdf

KIM-Studie 2016: Kindheit, Internet, Medien
Schreiber wies besonders auf die KIM-Studie 2016 hin: Handy/Smartphone oftmals erstes eigenes (technisches) Gerät für Kinder und Jugendliche. 77 % aller Sechs- bis 13-Jährigen nutzen nach eigener Angabe zumindest selten einen Computer oder Laptop. Dabei wird der PC von allen Kindern zuhause genutzt und jeder Zweite sitzt auch bei Freunden am Computer. Nur zwei Fünftel nutzen jedoch Computer in der Schule. Die Wahrscheinlichkeit der Nutzung in der Schule ist bei älteren Kindern an einer weiterführenden Schule (Haupt-/Realschule: 53 %, Gymnasium: 56 %) deutlich höher als bei Grundschülern (27 %). https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/KIM/2016/KIM_2016_Web-PDF.pdf

Zum Thema „Medienkompetenz und Medienintegration“ siehe auch die Präsentation von Björn Schreiber; https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=e963ed6c-aa19-6b00-f3b0-7ecc76c824fd&groupId=268877

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