"Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“: Das neue Gesundheitsbündnis zur medizinischen Versorgung in Sachsen


"Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“, so lässt Altmeister Goethe seinen Faust in der gleichnamigen Tragödie ausrufen. Und zugleich: "Honi soit qui mal y pense", "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt."

Worum es geht:
Am 03. Juni 2019 gründete Gesundheitsministerin Barbara Klepsch mit Partnern aus dem sächsischen Gesundheitswesen das Bündnis "Wir versorgen Sachsen", um die Gesundheitsversorgung im Freistaat abzusichern. Der Fokus soll vor allem auf dem ländlichen Raum liegen. Das Bündnis hat dafür ein Maßnahmenpaket entwickelt, das einerseits Aktivitäten zur Ärztegewinnung umfasst und neue Modelle für die Sicherstellung der Versorgungslandschaft im ländlichen Raum vorantreibt.

Das Bündnis "Wir versorgen Sachsen" fordert:
  • Die Erhöhung der Medizinstudienplätze in Sachsen um zusätzlich 100 Studienplätze pro Jahr.
  • Hochschuleigene Auswahlgespräche für das Medizinstudium als verbindlich zu erklären. Denn gute Noten allein machen noch keinen Arzt.
  • Die Verdopplung der geförderten deutschsprachigen Studienplätze im Modellprojekt „Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen“ an der Universität Pécs in Ungarn von 20 auf 40.
  • Eine verpflichtende und angemessene Vergütung junger Medizinstudierenden in ihrem Praktischen Jahr (PJ).
  • Eine höhere Aufwandsentschädigung pro Praxis und Student für niedergelassene Ärzte in akademischen Lehrpraxen auf dem Land, um die Nachwuchsausbildung in ländlichen Gebieten auszubauen.
  • Die Unterstützung von Ärzten bei der Niederlassung und der Berufsausübung, insbesondere bei Fragen zur Abrechnung, Versicherungen, dem Arbeitsschutz und der Personalführung.
  • Der Ausbau von Mentoring-Programmen für niedergelassene Ärzte zur Regressionsvermeidung.
  • Die Verstärkung der Fördermöglichkeiten für Ärzte, die sich im ländlichen Raum niederlassen wollen.
Zugleich setzt sich das Bündnis u.a. für folgende Maßnahmen ein:
  • Die Erprobung neuer Ansätze wie Impfbusse, Satelliten und rollende Arztpraxen.
  • Die Etablierung neuer Berufsbilder wie nichtärztliche Praxisassistenten und den Physician Assistant.
  • Beratungsangebote und Machbarkeitsstudien für Kommunen, die als Träger von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) die medizinische Versorgung vor Ort zu gestalten wollen.
  • Die Unterstützung von Krankenhäusern in ländlichen Regionen auf dem Weg zur Neuausrichtung als lokale Gesundheitszentren.
  • Die Novellierung des sächsischen Krankenhausgesetzes und Krankenhausrahmenplanung sowie die Erhöhung der Mittel für die Pauschalförderung.
Zum Bündnis "Wir versorgen Sachsen." und seinen Forderungen:
  1. Die o.g. Forderungen sind zum überwiegenden Teil nicht neu, sondern werden sowohl für Sachsen wie auch für andere Bundesländer und Regionen seit einigen Jahren immer wieder erhoben; dabei hatte die seit 1990 regierende CDU in Sachsen alle Chancen, die sich langfristig abzeichnenden Themen: wie Ärztemangel, Pflegenotstand, sektorenübergreifende Versorgung, konstruktiv zu gestalten; mit mäßigem Erfolg
  2. Insbesondere die Oppositionsparteien (wie v.a. die SPD, DIE LINKE sowie die Grünen) haben seit Jahren auf solche u.ä. innovative Lösungen hin gedrängt; mit parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen
  3. die regierende CDU und die Sozialministerin setzen nunmehr wohl auch auf solche sogenannten Neuen Versorgungsformen, wie auf die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), wo bisher v.a. das Ideal und der "heilige Gral" des niedergelassenen Haus- und Facharztes in seiner Einzelpraxis hochgehalten wurde
  4. Man darf gespannt sein, ob die Ministerin auch nach dem 01. September 2019 diese Forderungen so konsequent oder überhaupt umsetzen kann
  5. Fazit: "Honi soit qui mal y pense", "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt." Genau drei Monate vor der Landtagswahl am 01. September in Sachsen beschleicht den aufmerksamen Beobachter der sächsischen (Gesundheits-)Politik doch die Vermutung, dass das neue Bündnis, seine Positionen und Forderungen v.a. wahltaktischen Optionen geschuldet sind

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