Professor Stefan R. Bornstein, Uniklinikum Dresden: „Diabetes-Prävention ist auch Corona-Prävention“
Die COVID-19-Pandemie stellt den Gesundheitssektor vor bisher nie gekannte Herausforderungen. Während bei einigen Menschen mit einer SARS-CoV-2-Infektion die Erkrankung kaum bemerkt wird, verläuft sie bei anderen Betroffenen sehr viel schwerwiegender und endet teilweise tödlich. Bisher ist jedoch das Wissen um den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung noch recht dünn. Allerdings kristallisierte sich Diabetes zunehmend als einer der Risikofaktoren heraus, der den Schweregrad der Erkrankung bestimmt.
Auf das hohe Risiko von Menschen mit Adipositas und/oder schlecht kontrolliertem Typ-2-Diabetes für schwere COVID-19-Verläufe hat Professor Stefan R. Bornstein vom Uniklinikum Dresden erneut hingewiesen. Der Diabetologe schätzt, dass weltweit bis zu 2 der 3 Millionen Corona-Todesfälle Menschen mit Diabetes und anderen Stoffwechselkrankheiten betrafen. Diese machen einen Anteil von 30 bis 70 Prozent aller Coronatoten aus, sagte Bornstein bei einer Pressekonferenz der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) im Vorfeld des virtuellen Diabetes-Kongresses vom 12. bis 15 Mai 2021.
| Jahr | Geschätzte Zahl der Menschen mit Diabetes weltweit | |||
|---|---|---|---|---|
| 2000: | 151 Millionen | |||
| 2006: | 246 Millionen | |||
| 2011: | 366 Millionen | |||
| 2015: | 415 Millionen | |||
| 2017: | 425 Millionen | |||
| 2019: | 463 Millionen |
Quelle: Internationale Diabetes Föderation (IDF)
Durch gute Blutzucker-Einstellung könnten Ärzte das Risiko bei Betroffenen reduzieren, betont Bornstein: „Diabetes-Prävention ist auch Corona-Prävention.“ Wichtig sei es auch, Risikopatienten jetzt schnell der Impfung zuzuführen. Viele Betroffene in prekären Lebensverhältnissen würden derzeit leider übersehen.
Der Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III am Uniklinikum Dresden weist zudem auf schwere Folgen der Pandemie für Diabetiker hin. So habe sich inzwischen zum Beispiel die Zahl der Majoramputationen (Amputationen im Unterschenkel- oder Oberschenkelbereich) bei Diabetischem Fuß in Deutschland verdoppelt bis verdreifacht. Und: Die Prognose von Diabetikern mit Majoramputationen sei ähnlich schlecht wie bei Krebspatienten mit Überlebensraten von nur 30 Prozent in den nächsten fünf Jahren, so der Diabetologe.
Die systemische Entzündung bei Diabetes in Verbindung mit Virusinfektionen könne die Funktion der Beta-Zellen und die Insulinwirkung beeinträchtigen. In Einzelfällen werde daher auch ein Diabetes durch COVID-19 ausgelöst oder eine Zuckerkrankheit verschlechtere sich deutlich, so Bornstein. Nach durchgemachter Coronakrankheit sollten Diabetiker daher auch auf Long-COVID-Symptome abgeklärt werden.
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